Ein Konkurrent für den Volkswagen
Die Auto Union, zu der die Marke DKW gehörte, straffte ihr Modellprogramm ab Mitte der 1930er Jahre, um im Kampf gegen den staatlich geförderten KdF-Wagen (Volkswagen) bestehen zu können.** Man entschied sich für ein oberhalb der bisherigen Modelle angesiedeltes Mittelklasse-Fahrzeug, den F9 (Frontwagen, DKW lfd. Nr. 9) mit fortschrittlichem Dreizylinder-Zweitaktmotor. Der F9 zielte in Größe, Auslegung und Verkaufspreis direkt auf den KdF-Wagen. Er besaß eine modern gestaltete Stromlinienkarosserie für bis zu fünf Personen mit dem sehr günstigen Luftwiderstandsbeiwert 0,37*, die dem Auto-Union-Oberklasse-Wagen Horch 930S sehr ähnlich sah. Sein Innenraum war im Art Deco Stil gehalten und bot Platz für vier bis fünf Personen.
Mit den - je nach Quelle - 10 bis 14 fahrfertigen Prototypen wurden Millionen von Test-Kilometern abgespult. Die ersten Fahrzeuge erhielten zunächst die quer eingebaute Zweizylinder-Antriebseinheit aus dem F8. Danach wurde die neue längs eingebaute Einheit aus Dreizylinder-Motor, Differential, Getriebe und Freilauf getestet. 1940 wurde die Entwicklung beendet. Zur Produktion gelangte der F9 nicht mehr, da stattdessen Kriegsgüter hergestellt wurden. Einer der Prototypen aus dieser Zeit wurde nach dem Zweiten Weltkrieg aus seinem Versteck in Sachsen geholt und als Muster für den IFA F9 benutzt. Auf den ersten Prospekten und Pressefotos ist genau dieser geringfügig umgebaute DKW F9 zu sehen (siehe Zeitgenössisches) und wurde vermutlich später verschrottet. Ein anderer Prototyp steht seit vielen Jahren restauriert im Audi Museum mobile in Ingolstadt. Und ein dritter Prototyp wurde unlängst in Litauen entdeckt. Die Karosse war auf einem Skoda-Fahrgestell mit Hinterradantrieb montiert.
Zweites Leben
10 Jahre nach Abschluß der Entwicklung wurden in der DDR unter Verwendung von Kopien der DKW-Konstruktionsunterlagen und des bereits erwähnten Prototypen die ersten serienmäßigen F9-Fahrzeuge hergestellt. Knapp 1900 Fahrzeuge entstanden ab 1950 als IFA F9 im ehemaligen Audi-Werk Zwickau. Aufgrund der vollständigen Demontage der sächsischen Automobilindustrie durch die sowjetische Besatzungsmacht und des Wegfalls der westdeutschen Zulieferbetriebe war die Ausgangslage denkbar ungünstig. Hinzu kam ein Brain drain, da etliche Fach- und Führungskräfte in den Westen gegangen waren. Zu allem Überfluß war die zentrale Planwirtschaft von Anfang an nicht in der Lage, die permanente Materialknappheit zu beseitigen und notwendige Investitionen zu tätigen. Als Folge von alldem waren die ersten F9-Fahrzeuge unzuverlässig und wenig haltbar. Um Platz für einen neuen Kleinwagen zu machen, wurde die Produktion des IFA F9 1953 von Zwickau in das nicht demontierte, ehemalige BMW-Werk Eisenach verlegt, wo bis 1956 ca. 39.000 Stück als Typ EMW 309 hergestellt wurden.*** Hier wurde das Fahrzeug weiter entwickelt und mögliche Nachfolger ausgearbeitet.
Der Name DKW durfte weiterhin nicht verwendet werden, da die in Ingolstadt ansässige Auto Union GmbH die Markenrechte besaß und eigene DKW-Fahrzeuge herstellte, die ebenfalls auf dem Vorkriegs-F9 basierten. Wegen Auseinandersetzungen um das Design-Geschmacksmuster konte der IFA zwar in viele europäische Länder, jedoch nicht in die Bundesrepublik Deutschland exportiert werden. Das alles führte dazu, daß der Nachfolger des IFA F9 bzw. EMW 309, der Typ EMW 311 aus dem Jahr 1955, einen eigenen Markennamen erhielt: Wartburg. Der alten, aber bewährten F9-Technik wurde eine moderne, viertürige Ponton-Karosserie auf den verlängerten Leib geschneidert, die international Aufmerksamkeit erregte.